Fachgruppen-Obmann Marco Schreuder verrät, warum die Branchenvertretung eine Kampagne gegen die Digitalsteuer fährt und was er sich davon erhofft. Die alte Bundesregierung würde so tun, als ob durch die Digitalsteuer Online-Giganten getroffen werden. Zahlen werden die Steuer aber ganz klar die Werbewirtschaft und die werbenden Unternehmen, ist sich Schreuder sicher. Schlussendlich werden das auch die EndverbraucherInnen zu spüren bekommen.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung will, dass große Onlinekonzerne wie Facebook, Amazon & Co mehr Steuern zahlen. Die alte Regierung hat ein Gesetzespaket auf die Beine gestellt, das bereits den Nationalrat passiert hat. Für Online-Werbung auf den großen Social-Media-Plattformen wird künftig eine Abgabe von 5% zu zahlen sein. Warum ist die Fachgruppe gegen dieses Gesetz?
Schreuder: Ich wünschte mir auch, dass die Online-Giganten endlich fair Steuern zahlen würden. Die Digitalsteuer ist aber ein Etikettenschwindel. Diese Werbeabgabe 2.0 wird einzig dem künftigen Finanzminister helfen, der sich auf ein zusätzliches Körberlgeld freuen darf. Die alte Regierung wollte sich als große Kämpferin gegen die Onlinegiganten profilieren. Von der ursprünglichen Idee, mehr Steuergerechtigkeit zu schaffen, ist sie aber abgerückt. Die neue Steuer zahlt de facto die österreichische Werbewirtschaft und ihre Kundinnen und Kunden.
Denn die globalen Digitalkonzerne werden diese Steuer an ihre Werbekunden abwälzen, wie wir in Frankreich sehen. Das sind unsere Mitgliedsbetriebe, die für ihre Kundinnen und Kunden etwa auf Google oder Facebook Werbung schalten und Online-Händler, die ihre Waren auf Amazon und anderen Plattformen bewerben und verkaufen. Die zusätzliche Abgabe für heimische Unternehmen wird sich auch auf die Preise von Dienstleistungen und Produkte auswirken. Das heißt, schlussendlich wird es die Gesamtbevölkerung treffen. So etwas nennt sich „Konsumentensteuer“.
Für Protest gegen widersinnige Maßnahmen ist es nie zu spät.
Marco Schreuder
Warum jetzt diese Kampagne, wenn das Gesetz bereits den Nationalrat passiert hat? Ist es nicht viel zu spät, sich jetzt noch dagegen aufzulehnen?
Schreuder: In erster Linie geht es uns darum, unseren Unternehmen und der Bevölkerung vor Augen zu halten, wer diese Steuer bezahlen wird. Nämlich unsere Betriebe. Facebook, Google & Co. kommen ungeschoren davon. Abgesehen davon ist es für Protest gegen widersinnige Maßnahmen nie zu spät. Der Gesetzesvorschlag wurde vom Nationalrat angenommen. Es gibt aber immer noch die Möglichkeit, dass es von einer neuen Regierung wieder zurückgenommen wird. Bei der Gelegenheit müsste auch gleich die Sinnhaftigkeit der „analogen“ Werbeabgabe diskutiert werden, die aus unserer Sicht gänzlich abgeschafft gehört.
Sollte die Werbeabgabe abgeschafft werden und würde die Digitalsteuer nicht kommen, würden dem Staat viele Millionen Euro im Jahr entgehen. Warum sollte eine neue Regierung darauf verzichten?
Schreuder: Die Digitalsteuer wird mit rund 15 Millionen Euro weit weniger bringen als die alte Bundesregierung der Bevölkerung verkaufen wollte. Für den Staatshaushalt sind das Peanuts. Für die betroffenen Unternehmen sind die Folgen aber zu schultern. In einer globalisierten Weltwirtschaft kann ich mir als Unternehmen Dienstleistungen wie Suchmaschinenmarketing auch in Deutschland oder der Slowakei kaufen, wo es keine solche Steuer gibt. Das könnte das Aus für ganze Geschäftszweige mit tausenden Beschäftigten bedeuten, weil die dann womöglich nicht mehr rentabel sind.
Die Werbeabgabe belastet unsere Mitgliedsbetriebe. Im Vergleich zu Staaten, die diese Abgabe nicht haben, sind unsere Unternehmen klar im Nachteil. Eine niedrigere – oder im besten Falle ersatzlose Streichung der – Abgabe würde den Inseraten-Markt entlasten und den Verlagen und Medien in einer ohnedies schwierigen Lage helfen. Die früher diskutierte Senkung der Abgabe von fünf auf drei Prozent wurde von der alten Regierung aber verworfen.

Marco Schreuder, Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien
© Bernhard Starkel
Für den Staatshaushalt sind das Peanuts. Für die betroffenen Unternehmen sind die Folgen aber zu schultern.
Marco Schreuder
Die Lösung in der Frage liegt einzing in der Einführung der sogenannten „Digitale Betriebsstätte“. Denn dieses Modell würde auf die Gewinne abzielen, nicht auf die Umsätze, wie im aktuellen Entwurf der alten Bundesregierung beabsichtigt. Heimische Werbetreibende sind derzeit gegenüber den internationalen Digitalkonzernen massiv benachteiligt, denn diese müssen ihre Gewinne aktuell nicht in Österreich versteuern. Durch die „Digitale Betriebsstätte“ würde die Körperschaftssteuer auf Unternehmen mit Online-Präsenz ausgeweitet und das hätte zur Folge, dass damit die horrenden Gewinne der großen Onlinekonzerne zumindest ein bisschen beschnitten werden.
Warum plädieren Sie für die „Digitale Betriebsstätte“, wenn das Thema auf EU-Ebene längst vom Tisch ist?
Schreuder: Es ist richtig: Auch wenn die Mehrheit der EU-Staaten dafür ist, gibt es derzeit keine Einstimmigkeit in der Frage. Die Diskussion über eine faire Besteuerung von Onlinekonzernen wird aber nicht abreißen. Sowohl die EU-Kommission als auch die OECD und die überwiegende Mehrheit der Expertinnen und Experten plädieren dafür. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die „Digitale Betriebsstätte“ eingeführt wird. Wir sind übrigens der Meinung, dass man in Österreich mit gutem Beispiel vorangehen sollte und auch auf nationaler Ebene damit starten könnte.