Nachbericht: Nachhaltige Markenführung – vom Trend zur Transformation
Durch Corona und Klimawandel haben sich unser Konsumverhalten und Präferenzen fundamental verändert.
Durch Corona und Klimawandel haben sich unser Konsumverhalten und Präferenzen fundamental verändert. Nachhaltigkeit, Ökologie, Regionalität sind zu einem wesentlichen Faktor für Marken und Unternehmen geworden. Das stellt beide, Marken und Unternehmen, vor die Herausforderung, ökologischen Nutzen zu stiften. Doch gilt es dabei unser Handeln in allen Aspekten zu hinterfragen, soll es tatsächlich nachhaltig sein. Was ist „richtig“ nachhaltig und wie identifiziert man die nicht-grünen aka schwarzen Schafe?
Alexander Oswald, Präsident der ÖMG und Moderator des Events, eröffnete die Diskussion mit einer der schwierigsten Fragen, nämlich mit dem Beginn. Wo als Marke fängt man an, wenn man alle Aspekte – ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung – der Nachhaltigkeit erfassen möchte?
Elisabeth Müller, GF der Agentur sgreening, empfiehlt, beim Kerngeschäft zu starten. „Es ist bei Nachhaltigkeitsprojekten extrem wichtig, sich das Committment des Managements zu holen. Sonst läuft man Gefahr, mit ‚netten Zusatzprojekten‘ anzufangen. Und Nachhaltigkeit muss immer beim Kerngeschäft beginnen.“ Dort hat man den größten Hebel und läuft weniger Gefahr, des green washings zu erliegen.
Astrid Salmhofer, Head of Communications bei Wien Energie, stößt beim Thema green washing ins selbe Horn. „Kunden sind extrem kritisch. Man muss als Unternehmen zeigen, was man tut und nicht bloß ‚verkaufen‘, man sei ein green brand.“ Wien Energie hat als Energiekonzern als oberste Priorität die Versorgungssicherheit. Strom muss also fließen, „aber wir wollen die Energie grüner machen“, so Salmhofer. Dieses Vorhaben wird nicht einfacher, wenn man den Aspekt der Leistbarkeit hinzufügt. Gerade in Zeiten der Krisen, der steigenden Inflation ist ein Energieversorger gefordert. „Wichtig ist, dass der Strom leistbar bleibt, dass wir sicherstellen, dass wir unsere Kunden zuverlässig versorgen. Und das alles mit möglichst wenig CO2-Ausstoß. Das funktioniert am besten, wenn man erwirtschaftete Gewinne in Nachhaltigkeit investiert“, erläutert Salmhofer.
Nachhaltigkeit bedeutet auch Profitabilität
Als CMO der Facc AG, einem als Zulieferer der Luftfahrtindustrie bekannten Unternehmen, hat auch Andreas Perotti mit dem Thema Nachhaltigkeit eine Herausforderung, „Die Luftfahrt hat die Automobilindustrie als underdog abgelöst. Und es gibt viel zu tun. Denn Bedingung für große Investments ist die Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien. Das Thema ist aber nicht in der DNA eines Unternehmens wie des unseren. Das ist nicht ganz leicht, diesen Switch zu schaffen.“ Dennoch ist das Thema ein großes, ist doch das Fliegen mitten drin in der Mobilitätsdebatte. „Wir brauchen dazu eine faktenbasierte Diskussion, es macht keinen Sinn, die Verkehrsmittel gegeneinander auszuspielen. Es geht nicht um ‚fliegen oder nicht fliegen‘, sondern um ‚anders fliegen‘“, ist Perotti überzeugt. Facc arbeitet jedenfalls an dieser Trendwende, auch wenn hier natürlich Profitabilität weiterhin an erster Stelle steht.
Martin Rohla, Unternehmer, Investor und Biolandwirt, ist überzeugt und überraschte damit einige im Publikum, dass Nachhaltigkeit nur erreicht werden kann, wenn die Unternehmen auch profitabel sind: „Man ist nicht nachhaltig, wenn man nicht profitabel ist. Erst wenn man profitabel ist, kann man die anderen Kriterien erfüllen.“ Sein Beispiel eines von Landwirtschaft geprägten Dorfes bringt es auf den Punkt, wie Nachhaltigkeit zu Überzeugung wird. „Ein Bauer in diesem Dorf hat begonnen, auf biologische Landwirtschaft umzustellen. Am Anfang hat er investiert, seine Böden verbessert, und nach einigen Jahren höhere Erträge erzielt als die anderen Bauern, die konventionelle Landwirtschaft betrieben haben. Heute ist das ganze Dorf auf Bio umgestiegen.“
Von Mindset und Klima-Intuition
Relevant für Unternehmen ist auch immer die Frage, wo denn das Thema Nachhaltigkeit angesiedelt werden soll, wenn man denn endlich den Einstieg gefunden hat. Andreas Tschas, CEO und Founder Glacier, ist überzeugt, dass sogenannte Nachhaltigkeitsabteilungen wenig Sinn haben und es daher auch wenig geben wird. Denn Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche. „Wir stecken noch tief in der Digitalisierungsdebatte und müssen gleichzeitig tief in die Klimaschutzdebatte einsteigen“, so Tschas. Gemäß seinem Credo „every job will be a climate job“ sei es ganz wichtig, das Thema Klima-Intuition bei allen Mitarbeiter:innen zu verankern – vom Kantinenpersonal bis zu den Marketeers. Seine „Climate Ranger Academy“ bildet Mitarbeiter:innen aus, erhöht die Sensibilität und hilft, gefährliches Halbwissen loszuwerden. Denn Nachhaltigkeit kann schlecht verordnet werden, sie muss von allen gelebt werden.
Das Thema „richtiges Mindset“ ist auch für Jürgen Bauer, Obmann Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien, ein wichtiger Baustein in der Nachhaltigkeitsdebatte. „Es ist extrem wichtig, das richtige Mindset zu schaffen auf diesem Weg der Transformation. Man muss Mitarbeiter:innen auf die gemeinsame Reise mitnehmen. Und es wird im war of talents künftig eine große Rolle spielen, ob ein Unternehmen nachhaltig agiert“, meint Bauer. Denn viele würden ohne diese Aspekte einfach gar keinen Job annehmen wollen.
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